Senat will Unterschriftensammlung erschweren

Der Berliner Senat will die Kriterien für die Gültigkeit von Unterschriften bei Volks- und Bürgerbegehren verschärfen: Unterschriften, die trotz unvollständiger oder unleserlicher Angaben die unterschreibende Person zweifelsfrei erkennen lassen, sollen nicht länger gültig sein. Eine solche Verschärfung verkennt die Umstände der freien Unterschriftensammlung und würde die Anzahl der ungültigen Unterschriften deutlich erhöhen. Wir haben deswegen einen eigenen Vorschlag zur Klarstellung der Unterschriftenprüfung vorgelegt.

Von Charlie Rutz

Der Berliner Senat will ausgerechnet den Zusatz im Abstimmungsgesetz streichen, der festlegt, dass eine Unterschrift auch dann als gültig gewertet werden darf, wenn einzelne Angaben fehlerhaft, unvollständig oder unleserlich sind. Das Gesetz beinhaltet hier widersprüchliche Aussagen, was in der Vergangenheit zu einer unterschiedlichen Prüfungspraxis der Bezirksämter führte. Daher legt Oliver Wiedmann, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie Berlin/Brandenburg, Wert auf die Feststellung, dass eine Klärung und Vereinheitlichung in jedem Fall Sinn mache.

Aber auch nach einer Reform sollte den Verantwortlichen bei der Unterschriftenprüfung genügend gesetzlicher Spielraum bleiben, um eine Unterschrift für gültig zu erklären. Denn ansonsten könnten schon ein Zahlendreher bei der Hausnummer oder ein unleserlicher Vorname zukünftig dazu führen, dass eine Unterschrift ungültig ist – obwohl man die Person durch die restlichen Angaben zweifelsfrei identifizieren könnte. „Bei der Prüfung muss auch berücksichtigt werden, dass auf der Straße bei Wind und Wetter unterschrieben wird. Eine gewisse Fehlertoleranz ist also angemessen“, so Wiedmann.

Mehr Demokratie schlägt vor, dass sowohl das Geburtsdatum als auch die Unterschrift zwingend vorhanden sein sollen. Damit wäre gewährleistet, dass Unterstützer/innen nicht aus dem Telefonbuch abgeschrieben werden. Ohnehin gibt es keinen Grund, die bisherige Praxis in Zweifel zu ziehen oder Manipulationen zu unterstellen. Ein entsprechender Verdacht, den einige Bezirksämter verbunden mit der Unterschriftenprüfung für das Volksbegehren zum Tempelhofer Feld geäußert hatten, war unbegründet. Dies räumte auch Innensenator Frank Henkel in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Klaus Lederer ein: „Festzuhalten bleibt, dass den beteiligten Stellen keine Anhaltspunkte für Manipulationsversuche beim Volksbegehren über den Erhalt des Tempelhofer Feldes vorlagen und vorliegen. Der Diskussion über mögliche, umfangreich erfolgte Manipulationen von Unterschriftenlisten und -bögen fehlte es an einer substantiellen Grundlage." (DS17/13214)

Mehr Demokratie fordert, dass weitgehend an der bestehenden Prüfungspraxis festgehalten werden sollte, so dass weiterhin Unterschriften mit unvollständigen, fehlerhaften oder unleserlichen Angaben gültig sind, sofern die Identität der Person zweifelsfrei erkennbar ist. Neben der Unterschrift sollte nur das Geburtsdatum zwingend und vollständig sein. Eine entsprechende Klarstellung im Gesetz könnte an das Hamburger Volksabstimmungsgesetz angelehnt sein, wo ein ähnlicher Spielraum bei der Prüfung der Unterschriften besteht. 

Unser Vorschlag: Klarstellung der Unterschriftenprüfung
bei Volksbegehren und Bürgerbegehren in Berlin





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Der Berliner Senat scheint alles daran zu setzen, Bürger- und Volksbegehren einzuschränken und wirkungsloser zu machen. Wenn nicht nur Bürgerbegehren ausgehebelt, sondern auch die Sammelbedingungen erschwert werden, während eine erfolgversprechende Unterschriftensammlung läuft, liegt die versprochene Bürgernähe in weiter Ferne. Mit dem am 11. April gestarteten „Berliner Mietenvolksentscheid“ wurde das 34. direktdemokratische Verfahren auf Landesebene gestartet. Bereits innerhalb eines Tages konnte die Initiative einige Tausend Unterschriften sammeln. Dieses Volksbegehren könnte bereits von einer geplanten Änderung der Unterschriftenprüfung (in der 2. Stufe) betroffen sein.

Unser Vorschlag: Klarstellung der Unterschriftenprüfung bei Volksbegehren und Bürgerbegehren in Berlin

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