Wer Tempelhof will, muss aufs Amt

Für das neue Volksbegehren gelten noch die alten Regeln

 

Für das soeben begonnene Volksbegehren zur Offenhaltung des Flughafens Tempelhof gelten noch nicht vollständig die neuen Erleichterungen für Plebiszite in der Berliner Verfassung. Dazu muss das Abgeordnetenhaus erst ein so genanntes Ausführungsgesetz beschließen - in dem dann etwa festgelegt ist, wie und wo Unterschriften gesammelt werden können. Die Initiative Mehr Demokratie e.V., die sich in den vergangenen Jahren für die vereinfachten Plebiszite in Berlin stark gemacht hat, fordert jetzt vom Landesparlament, so schnell wie möglich ein solches Ausführungsgesetz zu beschließen.

 

Besonders die aufwändige Unterschriftensammlung ist ein Problem. Um ein Volksbegehren zu starten, müssen zwar zunächst nur 20 000 volljährige wahlberechtigte Berliner die Forderung unterstützen. In der zweiten Stufe jedoch, sofern das Begehren vom Parlament nicht übernommen wurde, müssen schon knapp 170 000 Unterschriften gesammelt werden, das sind sieben Prozent der Wahlberechtigten. Für Tempelhof könnte dies im kommenden Frühjahr so weit sein. Nach der bisherigen Gesetzgebung müssen die Unterstützer, um die Unterschrift zu leisten, in die Bezirks- oder Bürgerämter gehen. Unkomplizierte Sammlungen direkt auf der Straße sind derzeit noch nicht möglich; allerdings sind sie längst geplant. Bevor es aber kein entsprechendes Gesetz gibt, gelten noch die alten Regeln zur detaillierten Durchführung.

 

"Das Abgeordnetenhaus steht in der Pflicht zu handeln", sagt Michael Efler, Vorstandsmitglied der Mehr-Demokratie-Initiative. "Das Parlament muss angekündigte Reformen schließlich auch in die Tat umsetzen." Bisher gab es in der Hauptstadt noch kein einziges erfolgreiches Plebiszit auf Landesebene, was nach Expertenmeinung auch auf die komplizierten Bedingungen zurückzuführen ist. Der Parteivorsitzende und Rechtsexperte der Linkspartei, Klaus Lederer, sagte, ein neues Gesetz für die Plebiszite werde "eine der ersten Angelegenheiten" im Rechtsausschuss sein. "Gründlichkeit geht aber vor Schnelligkeit", erklärte er. (jan.)

 

Berliner Zeitung, 01.12.2006