Mehr Demokratie in den Bezirken

Im Jahr 2009 wurden die Regelungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf den Prüfstand gestellt und im Januar 2011 erfolgte die entsprechende Anpassung im Bezirksverwaltungsgesetz. Positiv zu bewerten ist, dass das Beteiligungsquorum mit all seinen negativen Effekten in ein Zustimmungsquorum umgewandelt wurde, auch wenn eine Abschaffung des Abstimmungsquorums aus unserer Sicht die konsequentere Lösung gewesen wäre. Weitere leichte Verbesserungen wurden am 1.10.2020 vorgenommen, vor allem wurde dem Senat die Möglichkeit genommen, während laufender Bürgerbegehren die Zuständigkeit an sich zu ziehen.

Neben der Quorumsproblematik bestehen weitere zentrale Baustellen, die dierektdemokratische Beteiligung eher verhindern. Im Folgenden finden Sie unsere Reformvorschläge für die bezirklichen Enscheidungs- und Beteiligungsinstrumente:

1. Rechtswirkung von Bürgerbegehren

Die Themen, zu denen Bezirksverordnetenversammlungen und auch die Bürgerinnen und Bürger rechtsverbindliche Entscheidungen treffen können, sind in § 12 des Bezirksverwaltungsgesetzes in einem Katalog von gerade einmal elf Punkten geregelt. Darüber hinaus können Ersuchen an das Bezirksamt oder Empfehlungen an den Senat gerichtet werden. Die meisten  Bürgerbegehren in Berlin hatten im Unterschied zu Bürgerbegehren in Flächenländern somit bisher unverbindliche Wirkung.

Die Bezirksverordnetenversammlungen können allerdings in einem zweiten Schritt auch über diese elf Punkte hinaus verbindliche Entscheidungen treffen, sofern es um Bezirksangelegenheiten geht. In einem ersten Schritt richtet die Bezirksverordnetenversammlung ein Ersuchen an das Bezirksamt. Entspricht die Bezirksverwaltung dieser Aufforderung nicht, so kann die Bezirksverordnetenversammlung einen zweiten, aber jetzt verbindlichen Beschuss fassen, der vom Bezirksamt in die Tat umgesetzt werden muss.

Um dieser Zweistufigkeit zu entsprechen, müsste ein zweites Bürgerbegehren durchgeführt werden, damit das Bezirksamt an das Ergebnis des Bürgerentscheids gebunden ist. Diese Vorgehensweise ist bei Bürgerbegehren jedoch kaum praktikabel.

Unser Vorschlag will die Gleichrangigkeit von Entscheidungen der Bezirksverordnetenversammlungen und von Bürgerentscheiden erreichen. Bürgerentscheide zu bezirklichen Themen sollten im ersten Durchgang verbindliche Wirkung haben.

2. Zustimmungsquorum beim Bürgerentscheid

Quoren sind undemokratisch und führen dazu, dass auch Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden, die sich gar nicht an der Abstimmung beteiligt haben. Abstimmungsquoren ermutigen die NEIN-Seite dazu, der Abstimmung fern zu bleiben. Somit entfernt man sich vom eigentlichen Ziel, eine höhere Beteiligung zu erreichen. Das Ergebnis des Bürgerentscheids wird darüber hinaus verzerrt, da eher die JA-Seite an der Abstimmung teilnimmt.

Das 10-Prozent-Zustimmungssquorum beim Bürgerentscheid wird abgeschafft. Es entscheidet die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen.

3. Streichung unverbindlicher Bürgerbegehren

In Zukunft sind verbindliche Bürgerbegehren auch zum Bezirkshaushalt und zu Sondermitteln sowie zur Bauleitplanung möglich. Die § 45 (1) S. 2+3 BezVG werden gestrichen.

4. Sperrwirkung

Die jetzt geltende Sperrwirkung sollte bereits in Kraft treten, wenn ein Drittel der notwendigen Unterschriften abgegeben und für gültig befunden wurden. Darüber hinaus sollte sich die Sperrwirkung auch auf die Aussetzung bereits begonnener Maßnahmen beziehen.