Keine neuen Hürden für Volksbegehren!


Am 25. Januar wurden wir im Berliner Abgeordnetenhaus zu den von der Regierungskoalition geplanten Änderungen des Abstimmungsgesetzes angehört. Zugleich haben wir 6.222 Unterschriften von Berliner Bürger/innen gegen neue Hürden für Volksbegehren übergeben. Dabei unterstrichen wir unsere Forderung, dass die direkte Demokratie in Berlin nicht beschnitten werden darf, sondern weiter ausgebaut werden muss. So sieht das auch ein breites Bündnis von Berliner Tischen und Initiativen, das unter dem Motto „Hände weg vom Volksentscheid!“ den Gesetzentwurf zur Änderung des Abstimmungsgesetzes stoppen will.

Von Charlie Rutz

In nur kurzer Zeit hatten sich tausende Berliner/innen unserem Aufruf „Keine neue Hürde bei Volksbegehren!“ angeschlossen. Diesen haben wir anlässlich einer Sachverständigenanhörung im Berliner Abgeordnetenhaus übergeben, zu der auch wir eingeladen waren. Der Senat plant eine Änderung des Abstimmungsgesetzes, die in vorliegender Fassung die Unterschriftensammlung bei Bürger- und Volksbegehren erschweren würde. Zukünftig soll schon eine einzelne unleserliche Angabe oder auch ein abgekürzter Straßenname zur Ungültigkeit der Unterschrift führen - obwohl die unterschreibende Person eindeutig erkennbar ist. Die Folge: Zahlreiche Unterschriften wären ungültig und es müssten noch deutlich mehr Bürger/innen für ein Volksbegehren unterschreiben - eine Erhöhung des Quorums durch die Hintertür! Für die Initiativen wird es somit schwerer, ihre Anliegen zum Volksentscheid zu bringen. Direkte Demokratie also nur für Schönschreiber? Nicht mit uns!

Video: Übergabe von 6.222 Unterschriften gegen neue Hürden für Volksbegehren


Der Senat begründet seinen Vorstoß damit, die Unterschriftensammlung zukünftig missbrauchssicher zu gestalten. Jedoch gab es für den massenhaften Missbrauch bei Volksbegehren bisher keinerlei Anhaltspunkte - das musste zuletzt auch Innensenator Henkel auf Nachfrage der Opposition feststellen. Kurz nachdem unser Vorstandssprecher Oliver Wiedmann als Mehr Demokratie-Sachverständiger im Innenausschuss von den Abgeordneten zu unserer Position angehört wurde (Hier seine Stellungnahme…), überreichten wir Frank Zimmermann, innenpolitischer Sprecher der SPD-fraktion , die 6.222 gesammelten Unterschriften gegen eine Hürde bei ‎Volksbegehren. Mit dabei waren auch Regine Laroche und Charlie Rutz aus dem Vorstand von Mehr Demokratie Berlin/Brandenburg.

Zimmermann betonte im Gespräch mit uns, sich dafür einsetzen zu wollen, dass die Koalition die Unterschriftensammlung nicht erschwert. Immerhin. Mehr Demokratie schlägt vor, neben der Signatur lediglich das Geburtsdatum für zwingend und vollständig zu erklären. Die Angabe des Geburtsdatums würde hinreichend gewährleisten, dass eine Person selbst unterzeichnet hat. Alle anderen Angaben könnten weiterhin unvollständig sein, sofern die unterzeichnende Person klar zu identifizieren ist. Die zuständigen Abgeordneten der Koalition sicherten uns in der Ausschussanhörung zu, entsprechende Änderungen am Gesetzentwurf vorzunehmen.

Ein erheblicher Dissens mit uns bestand in der Frage der Finanzierung von Gegenkampagnen seitens  des Senats und Abgeordnetenhauses. Beiden soll ermöglicht werden, mit Steuermitteln für die eigene Position während eines Volksbegehrens und im Vorfeld der Abstimmung zu werben. Dies würde aus unserer Sicht die Chancengleichheit stark beeinträchtigen, denn die Initiatoren hätten keinerlei Zugriff auf öffentliche Mittel.

Zurzeit müssen zivilgesellschaftliche Akteure Spendenmittel für Plakatkampagnen und ähnliches einsetzen. Es spricht viel dafür, es beim Status Quo zu belassen. Bisher haben sich Gegner/innen und Befürworter/innen auf zivilgesellschaftlicher Ebene finanziell in den Abstimmungskampf eingebracht. Sollten Senat und Abgeordnetenhaus sich zukünftig öffentlicher Mittel für Plakatkampagnen und ähnliches bedienen, so müssten auch den Initiativen Steuermittel in gleicher Höhe zur Verfügung gestellt werden.

Erfreulich ist, dass der Widerstand gegen mögliche Beschneidungen der direkten Demokratie in Berlin immer breiter wird. Unter dem Motto „Hände weg vom Volksentscheid!“ fordert ein stetig wachsendes Bündnis von Berliner Initiativen, den Gesetzentwurf zur Änderung des Abstimmungsgesetzes zu stoppen. Dieser würde das Ungleichgewicht zwischen Bevölkerung und Regierung weiter verstärken sowie es noch schwerer machen, Volksentscheide zum Erfolg zu bringen. Rund 70 Initiativen, Vereine und Verbände, darunter Mehr Demokratie, haben den Aufruf bereits unterzeichnet. Initiiert haben ihn sechs Initiativen, die bereits die Volksgesetzgebung in Berlin angewandt und zum Teil auch erfolgreich zu Ende geführt haben (Berliner Energietisch, Berliner S-Bahn-Tisch, Initiative Nachtflugverbot, Mietenvolksentscheid e.V., Initiative 100% Tempelhofer Feld und Berliner Wassertisch). Ihnen schließen sich - in  schnell wachsender Zahl - weitere Initiativen, Vereine und Verbände an.

Hier der Aufruf im Wortlaut…