Ein Jahr freie Unterschriftensammlung in Berlin

[09/09] Ein Jahr freie Unterschriftensammlung in Berlin

Vor genau einem Jahr (14. Februar 2008) hat das Berliner Abgeordnetenhaus ein neues Volksabstimmungsgesetz verabschiedet und damit die freie Unterschriftensammlung, einen Beratungsanspruch für Initiativen und Regelungen zur Spendentransparenz eingeführt. Der Verein Mehr Demokratie zieht eine positive Bilanz: Mit vier seitdem eingeleiteten Volksbegehren und -initiativen steht Berlin bundesweit an der Spitze.

 

2008 starteten das Volksbegehren und die Volksinitiative "Mehr Demokratie beim Wählen", das Kita-Volksbegehren, sowie das "Volksbegehren für das Weltkulturerbe Tempelhof und mehr Transparenz in der Politik". Pro Reli und die "Initiative für Genuß Berlin" profitieren zumindest in der zweiten Stufe von der freien Sammlung.

 

"Ein Blick ins Nachbarland Brandenburg zeigt, dass die Chancen auf ein erfolgreiches Volksbegehren wesentlich geringer sind, wenn die Menschen zum Unterschreiben aufs Amt müssen", sagt Michael Efler vom Landesverband Berlin/Brandenburg. Eine Studie des Vereins hat ergeben, dass die Erfolgsquote von Volksbegehren in Bundesländern mit Amtseintragung bei 35 Prozent liegt, in Ländern mit freier Sammlung hingegen sind 58 Prozent aller Volksbegehren erfolgreich. "Die direkte Demokratie in Berlin funktioniert gut - aber sie könnte noch besser funktionieren", lautet das Fazit des Vereins.

 

Verbesserungsbedarf sieht Mehr Demokratie zum Beispiel beim Beratungsanspruch: "Momentan können sich Initiativen zwar vor dem Start eines Volksbegehrens unverbindlich von der Innenbehörde beraten lassen", erläutert Efler. "Ob ihr Volksbegehren aber tatsächlich zulässig ist, erfahren sie erst nach der ersten Stufe." So wurden im letzten Jahr das Kita- und das Wasser-Volksbegehren komplett und das Wahlrechts-Volksbegehren teilweise für unzulässig erklärt, nachdem sie die Hürde der 20.000 nötigen Unterschriften übersprungen hatten. Jetzt liegen alle drei Verfahren vor dem Berliner Verfassungsgericht. Das sorge für unnötigen Aufwand und Frust, sagt Efler. "Besser wäre es, wenn Initiativen bereits vor dem Start der Sammlung eine verbindliche Zulässigkeitsprüfung beantragen könnten."

 

Auch die Regelung, dass Einzelspenden über 50.000 Euro veröffentlicht werden müssen, hat sich nach Ansicht von Mehr Demokratie nicht bewährt. "Wenn eine offensichtlich finanzstarke Initiative wie die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof keinerlei Angaben zu ihren Geldquellen machen muss, macht das Bürgerinnen und Bürger misstrauisch", sagt Efler. "Gerade um das Vertrauen in direktdemokratische Initiativen zu stärken, wäre es deshalb sinnvoll, die Transparenzregelung schärfer zu fassen."

 

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Anselm Renn
Pressesprecher Bund und Berlin/Brandenburg
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