Streit um Pro Reli-Termin: Druck auf den Senat wächst

[05/08] Auch Mehr Demokratie fordert Volksentscheid zum Wahltermin

In Bezug auf den Plan der Berliner SPD, den Volksentscheid Pro Reli bereits vor der Europawahl im Juni anzusetzen, häufen sich die kritischen Stimmen. So wollen die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus am heutigen Donnerstag (29. Januar) einen Antrag einbringen, mit dem der Senat aufgefordert wird, den Volksentscheid auf die Europawahl zu legen. Der Verein Mehr Demokratie hat den Regierenden Bürgermeister Wowereit per Brief aufgefordert, die Bürger ernst zu nehmen und keine zusätzlichen Hürden für direktdemokratische Instrumente aufzubauen.

 

"Der frühere Termin erschwert die Mobilisierung der Stimmberechtigten, ohne dass er sich vernünftig begründen lässt", erklärt Michael Efler, Vorstandsmitglied des Vereins Mehr Demokratie. "Im Gegenteil: Unter finanziellen und organisatorischen Gesichtspunkten würde sich ein Wahltermin geradezu anbieten." Die Berliner Verfassung erlaubt sogar eine Fristverlängerung von vier Monaten, falls der Abstimmungstermin mit einer Wahl zusammengelegt werden soll - ein Hinweis darauf, dass auch der Gesetzgeber die Kopplung wünschenswert findet. Demnach käme nicht nur die Europa-, sondern auch die Bundestagswahl für den Volksentscheid in Frage.

 

"Es drängt sich der Verdacht auf, dass mit dem Vorziehen des Abstimmungstermins versucht werden soll, die Abstimmungsbeteiligung möglichst niedrig zu halten, so dass wie beim Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof das Zustimmungsquorum von 25 Prozent nicht erreicht wird", heißt es in dem Schreiben von Mehr Demokratie. Die Argumente, dass zu einem eigenständigen bildungspolitischen Thema ein separater Termin gefunden und eine Entscheidung möglichst schnell getroffen werden müsse, hält der Verein für fadenscheinig und verweist auf die Schweiz, wo sich die Kopplung von Wahlen und Abstimmungen bewährt hat.

 

Ob die 1,5 Millionen Euro, die ein separater Volksentscheid kosten würde, für den Senat strategisch gut angelegtes Geld sind, ist ohnehin zu bezweifeln. "Die Senat glaubt offenbar, ein früherer Abstimmungstermin nütze den Gegnern von Pro Reli", sagt Efler. Doch ironischerweise sorgen gerade die hohen Abstimmungshürden dafür, dass reale Mehrheitsverhältnisse in der Bevölkerung zu Gunsten der Befürworter eines Volksbegehrens verzerrt werden. "Das hohe Zustimmungsquorum von 25 Prozent führt dazu, dass die Gegner eines Begehrens mit dessen Scheitern rechnen und deshalb seltener zur Abstimmung gehen als die Befürworter", erklärt Efler. "Wenn der Volksentscheid an einem gesonderten Termin stattfindet, wird das Gewicht der Befürworter vermutlich höher sein als an einem Wahltag, wo sich weit mehr Menschen und somit auch mehr Gegner an der Abstimmung beteiligen."

 

Von strategischen Überlegungen ganz abgesehen, wünscht sich Mehr Demokratie eine hohe Abstimmungsbeteiligung. Quoren seien aber der falsche Weg, um Entscheidungen zu legitimieren. "Es sollten die gleichen Regelungen gelten wie bei Wahlen", sagt Efler. "Wer hingeht entscheidet, wer nicht hingeht, lässt die anderen entscheiden."

 

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