Volksentscheide kein Spielball der Politik

[10/2014] Beratungsgespräch der SPD-Fraktion zur Bürgerbeteiligung am 12. Juni - Mehr Demokratie fordert verbindliche Referenden

Am Donnerstag, den 12. Juni 2014, lädt der Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD, Raed Saleh, zum Auftaktgespräch über die Ausgestaltung der Bürgerbeteiligung in Berlin ein. Anlass ist der Ausgang des Volksentscheids zum Tempelhofer Feld. Bereits im Vorfeld schlugen Saleh und andere Landespolitiker vor, dem Parlament die Möglichkeit zu geben, schon vor parlamentarischen Entscheidungen Bürgerbefragungen zu bestimmten Sachthemen durchzuführen.

Oliver Wiedmann, Sprecher des Landesvorstands Mehr Demokratie dazu: "Die Initiative der SPD-Fraktion ist ausdrücklich zu begrüßen. Von Parlament oder Regierung angesetzte Bürgerbefragungen bringen uns jedoch in Sachen Mitbestimmung kein Stück weiter. Zu groß ist das Risiko, dass sie missbraucht werden, indem der Wählerschaft zustimmungssichere Themen vorgelegt werden, mit dem Ziel, sich zu profilieren. Hinzu kommt, dass das Ergebnis nicht verbindlich wäre."

Mehr Demokratie schlägt stattdessen vor, verbindliche Referenden als weiteres direktdemokratisches Instrument in der Berliner Verfassung zu verankern. In Hamburg beispielsweise haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, das sogenannte fakultative Referendum zu einem bestimmten Themenbereich zu ergreifen, wenn 2,5 Prozent der Wahlberechtigten dies wünschen. "Denkbar wäre ein Referendum über einen parlamentarischen Beschluss, wenn 100.000 Berliner dies innerhalb von 3 Monaten mit ihrer Unterschrift einfordern. So könnten auch vom Parlament auf den Weg gebrachte Großprojekte durch die Bevölkerung entweder legitimiert oder kassiert werden", erläutert Wiedmann. Das Referendum würde nur dann stattfinden, wenn genügend Bürgerinnen und Bürger eine Notwenigkeit darin sehen.

Darüber hinaus fordert Mehr Demokratie ein obligatorisches Referendum bei Privatisierungsvorhaben, ähnlich wie es in Bremen bereits eingeführt wurde.
Bei Veräußerungen von Unternehmen der öffentlichen Dasinsvorsorge hätten die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort. "Die SPD-Spitze hat sich zum Privatisierungsreferendum bereits im letzten Jahr positiv geäußert. Nun ist es an der Zeit, Worten Taten folgen zu lassen und den Koalitionspartner ins Boot zu holen", so Wiedmann weiter.

"Die Berliner Politik sollte sich nun nicht mit kleinteiligen Fragen wie der Prüfungspraxis von Unterschriften befassen, sondern sich für eine substantielle Ausweitung der Beteiligungsrechte einsetzen", fordert Wiedmann abschließend. Innensenator Henkel hatte angekündigt, die Prüfungskriterien für Unterschriftenlisten im Abstimmungsgesetz auf den Prüfstand stellen zu wollen – obwohl aus seiner Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus vom 17. Mai 2014 hervorgeht, dass es der im Frühjahr geführten Diskussion über die Manipulation von Unterschriftenlisten beim Volksbegehren '100% Tempelhofer Feld' an Grundlage fehlte.

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