Volksentscheid zu Berliner Volksbegehren „100 Prozent Tempelhofer Feld“ am Tag der Europawahl

Die Landesabstimmungsleiterin teilte am 28. Januar mit, dass das Volksbegehren "100 Prozent Tempelhofer Feld" 185.328 gültige Unterschriften erzielt hat. Erforderlich waren 174.117 Stimmen. Damit wird es einen Volksentscheid geben, der laut Medienberichten am Tag der Europawahl stattfinden wird.

Von Charlie Rutz

Update vom 10. Februar 2014

Wie aktuellen Medienberichten zu entnehmen ist, wird der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld offenbar am Tag der Europawahl (25. Mai) stattfinden. Mehr Demokratie begrüßt diese Entscheidung des Senats, fordert jedoch weiterhin eine gesetzliche Regelung für die Terminfestsetzung von Volksentscheiden.

Detailliertere Informationen in unserer Pressemitteilung von heute...

Update vom 28. Januar 2014

Wie die Landesabstimmungsleiterin heute in einer Pressemitteilung verkündete, ist das Volksbegehren über den Erhalt des Tempelhofer Feldes erfolgreich gewesen. Demnach waren am letzten Tag der Eintragungsfrist, am 13. Januar 2014, 2.487.385 Personen stimmberechtigt. Für ein Zustandekommen mussten sieben Prozent der Stimmberechtigten, also 174.117 Personen, dem Volksbegehren zustimmen. Insgesamt lägen 185.328 gültige Zustimmungserklärungen vor – das sind 11.211 Unterschriften mehr als die erforderliche Anzahl. Eingereicht wurden insgesamt 237.063 Unterschriften.

Da eine Übernahme des Volksbegehrens durch das Abgeordnetenhaus unrealistisch ist, kommt es damit zum fünften Volksentscheid in Berlin. Zuvor waren Vorwürfe laut geworden, dass es eine massenhafte Fälschung gegeben hat. Diese bestätigten sich nicht. Oliver Wiedmann, Vorstandssprecher unseres Landesverbandes Berlin-Brandenburg, stellt dazu fest: "Über eine zwingende Angabe des Geburtsdatums bei zukünftigen Volksbegehren kann sicherlich diskutiert werden. Es sollte aber weiterhin maßvoll mit unvollständigen Angaben umgegangen werden." Die Frage nach dem Abstimmungstermin sei jetzt viel wichtiger als die Diskussion um mögliche gefälschte Unterschriften. Mehr Demokratie fordert daher ein klares Bekenntnis zur Zusammenlegung des Volksentscheids mit der Europawahl.

Zudem fordern wir schon seit langem eine gesetzliche Regelung zur Zusammenlegung von Wahlen und Abstimmungen. "Dem Senat ein Instrument an die Hand zu geben, welches sich entscheidend auf Erfolg oder Misserfolg eines Volksbegehrens auswirkt, kann nicht im Sinne einer fairen Ausgestaltung der direkten Demokratie sein – richten sich Volksbegehren doch erfahrungsgemäß gegen Pläne der Regierungsmehrheit“, erläutert Wiedmann abschließend.

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Hintergrundinformationen

Die Initiatoren und Unterstützerorganisationen des Volksbegehrens „100 Prozent Tempelhofer Feld“ konnten laut Berliner Landesabstimmungsleiterin (siehe Pressemitteilung) bis zum Fristende (13.1.) rund 233.000 Unterschriften für ihr Anliegen sammeln. Davon werden noch die ungültigen Stimmen abgezogen: Bei den letzten zwei Volksentscheiden betraf dies 12 Prozent („Schluss mit Geheimverträgen - Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“) bzw. 14 Prozent („Neue Energie für Berlin“) aller Unterschriften (siehe Bilanz der bisherigen Volksgesetzgebungsverfahren…). Sollte es bei der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ vergleichbare Prozentzahlen geben, ist es sehr wahrscheinlich, dass die nötigen rund 174.000 gültigen Stimmen zusammengekommen sind.

 

Auszählung und Abstimmungstermin

Nun sind die Bezirksämter am Zug: Sie haben 15 Tage Zeit, die Unterschriften auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Wenn das Quorum erfüllt ist, muss eine Abstimmung per Volksentscheid innerhalb von vier Monaten stattfinden. Die Bürgerinitiative wünscht sich die Abstimmung am Tag der Europawahl am 25. Mai 2014. Doch darüber entscheidet allein der Senat – was bei früheren Volksbegehren taktische Manöver zu Ungunsten der jeweiligen Bürgerinitiative ermöglichte. Eine kürzlich von Mehr Demokratie bei Forsa in Auftrag gegebene Umfrage bestätigt dies: Fast zwei Drittel der Berliner/innen fanden die Terminfestlegung des Senats nicht in Ordnung. Eine knappe Mehrheit befürwortet eine gesetzlich vorgeschriebene Zusammenlegung von Abstimmungen und Wahlen (siehe Details der Umfrage...). „Findet in einem Zeitraum von acht Monaten nach einem zustande gekommenen Volksbegehren eine Wahl statt, fordern wir eine zwingende Zusammenlegung der Termine – außer wenn die Initiatoren des Volksentscheids sich für einen anderen Termin aussprechen“, erläutert Oliver Wiedmann von unserem Landesverband Berlin/Brandenburg.

100 Prozent Tempelhofer Feld vs. Bebauungspläne des Senats 

Die Bürgerinitiative fordert, das Tempelhofer Feld als „umweltbedeutsamen zusammenhängenden Raum“ weder zu bebauen noch zu privatisieren (-> siehe Gesetzesvorlage des Volksbegehrens). Die Historikerin Marion Detjen hat in einem kritischen Artikel das aus ihrer Sicht besondere Flair des Tempelhofer Feldes beschrieben, dessen Erhalt für viele Unterstützer/innen des Volksbegehrens eine wichtige Rolle spielen dürfte.


Laut den Bebauungsplänen des Berliner Senats sollen dagegen Wohnungen und Gewerbeflächen am Rande des Tempelhofer Feldes entstehen. Zudem sind u.a. ein Innovationspark und der Neubau einer Zentral- und Landesbibliothek geplant.

Zwar behauptet die Landesregierung, dass die Berliner/innen in die Bebauungspläne einbezogen wurden – doch fanden die grundlegenden Planungen hinter verschlossenen Türen statt. So steht beispielsweise der Flächennutzungsplan seit Jahren fest. Das wurde zuletzt selbst von der Architektenkammer Berlin kritisiert.

Falls das Volksbegehren erfolgreich ist, muss als nächstes der Senat entscheiden, ob er dieses übernimmt oder ablehnt. Spricht er sich gegen das Anliegen der Initiatoren aus, muss er spätestens 15 Tage nach Bekanntgabe des Ergebnisses den Termin für den Volksentscheid festlegen. Aufgrund der verhärteten Fronten ist davon auszugehen, dass es bald den nächsten Volksentscheid in Berlin geben wird, wenn das Begehren Erfolg hat.

Weitere Informationen


Download


Die Bilanz der bisherigen Volksgesetzgebungsverfahren in Berlin kann hier heruntergeladen werden... (Stand: 28.1.2014)

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Am 3. November 2013 hat sich beim Volksentscheid des Berliner Energietisches eine große Mehrheit für die Rekommunalisierung der Stromversorgung ausgesprochen. Trotzdem setzte sich die Gegenseite durch, der Volksentscheid scheiterte. Die Gründe dafür liegen in der undemokratischen Ausgestaltung des Volksentscheidsverfahrens, welches dringend reformiert gehört, damit zukünftig der demokratische Grundsatz gilt: DIE MEHRHEIT ENTSCHEIDET! Unterstützen Sie unseren Aufruf und sorgen Sie so für faire und demokratische Abstimmungsrechte!