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Pro Reli gescheitert

Beim zweiten Berliner Volksentscheid hat sich eine Mehrheit der Abstimmenden gegen den Vorschlag der Initiative Pro Reli ausgesprochen, wonach Religion neben Ethik Wahlpflichtfach werden soll. In den Berliner Schulen bleibt Ethik demnach Pflichtfach, während Religion zusätzlich belegt werden kann.

Für Pro Reli stimmten 48,5 Prozent der Teilnehmer (entspricht 14,2 Prozent der Stimmberechtigten). Dagegen stimmten 51,3 Prozent der Teilnehmer. Damit ist das gängige Vorurteil entkräftet, dass direktdemokratische Entscheidungen käuflich seien. Trotz der nach eigenen Angaben höheren sechsstelligen Summe, die die Initiative Pro Reli in den Abstimmungskampf investiert hat, haben die Bürgerinnen und Bürger anders entschieden.

Zu vermuten ist, dass ohne ein Zustimmungsquorum das Ergebnis noch eindeutiger für die Gegenseite ausgefallen wäre, denn Zustimmungsquoren haben in der Regel einen verzerrenden Effekt. Das relativ hohe Quorum verleitet die Gegner eines Volksbegehrens in der Regel dazu, die Hände in den Schoß zu legen und zuhause zu bleiben, da davon ausgegangen wird, dass das die JA-Seite das Quorum nicht erreicht.

Verbesserungsbedarf zeigt sich außerdem beim Umgang mit Volksbegehren und –entscheiden. Volksentscheide sollten generell mit Wahlen zusammengelegt werden. Solange es Abstimmungshürden gibt, müssen Abstimmungen an Wahlen gekoppelt werden, wenn dies innerhalb von acht Monaten nach einem erfolgreichen Volksbegehren möglich ist. Die Entscheidung des Senats für einen gesonderten Termin war finanziell und organisatorisch unsinnig und hat erneut zu einer relativ geringen Beteiligung geführt. Insgesamt nahmen 29,2 Prozent der Stimmberechtigten am Volksentscheid teil. Beim Tempelhof-Volksentscheid, der vor genau einem Jahr stattfand, hatten sich 36 Prozent beteiligt.

Kritisch ist auch die aus öffentlichen Geldern finanzierte Anzeigenkampagne des Senats für ein "Nein" beim Volksentscheid zu sehen. Der Senat hat genug Möglichkeiten, sich öffentlich zu Wort zu melden. Es ist nicht nötig, dass dafür Steuergelder verwendet werden. Zu begrüßen ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, das die Anzeigen per Eilentscheidung gestoppt hatte.

Als positiv zu bewerten ist außerdem die ausführliche Berichterstattung und die öffentliche Diskussion im Vorfeld der Abstimmung. Die letzten Wochen sind Paradebeispiel dafür, dass direkte Demokratie die Diskussionskultur fördert. Über die Medien, auf Veranstaltungen, auf der Straße oder auch im Bekanntenkreis haben sich Menschen mit der Wertevermittlung im Schulunterricht auseinandergesetzt. Das Volksbegehren hat es geschafft, dass eine Frage, die nicht nur Fachpolitiker, sondern die ganze Gesellschaft angeht, öffentlich diskutiert wurde - sogar über Berlin hinaus. Für zukünftige Volksbegehren sind allerdings weniger Wortspiele zu wünschenswert. Die Debatte an einzelnen Begriffen wie Wahlfreiheit oder Wahlzwang aufzuhängen, ist irreführend. Sowohl die Pro- als auch die Contra-Seite sollte lieber versuchen, Bürgerinnen und Bürger inhaltlich zu überzeugen.

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