Berlin will noch mehr Demokratie wagen

Nicht nur in Berlins Bezirken soll die Demokratie direkter werden. Auch die gesetzlichen Regelungen für Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid im Land sollen reformiert werden. Das kündigten Vertreter von PDS, Grünen, FDP und erstmals auch der SPD gestern im Rahmen einer Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus an. Zuvor wollen die vier Parteien die Berliner Verfassung ändern und Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in den Bezirken einführen. Der Verein Mehr Demokratie, der den Ausbau der Bürgerbeteiligung mitinitiiert hatte, begrüßte die Ankündigung.

 

"Wir freuen uns, dass die Reform der Volksgesetzgebung nun offenbar Konsens ist", sagte Landesvorstandsmitglied Michael Efler. "SPD, PDS, Grüne und FDP haben bei der Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden hervorragend zusammen gearbeitet. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass nach dem Gesellenstück nun auch die Meisterprüfung gelingt."

 

Eine Reform sei überfällig, so Efler: "Wir haben schon 1998/99 versucht, durch ein Volksbegehren die direkte Demokratie zu verbessern, sind dabei aber an genau den Hürden gescheitert, die wir vereinfachen wollten." Das Volksbegehren "Mehr Demokratie in Berlin" war 1999 vom Verfassungsgericht für unzulässig erklärt worden, weil es mittelbar auf eine Reform der Landesverfassung abzielte. "Wie uns erging es praktisch allen Initiativen in Berlin." Insgesamt acht Volksbegehren wurden seit Einführung der direkten Demokratie 1995 in Berlin beantragt, nur eines zugelassen. Die anderen scheiterten an den Unterschriftenhürden oder dem Themenausschluss.

 

Deshalb nannte Efler Eckpunkte einer möglichen Reform: "Volksinitiativen, Volksbegehren, und Volksentscheide sollten prinzipiell zu allen Fragen möglich sein, zu denen auch das Abgeordnetenhaus Beschlüsse fassen kann. Zudem sollten die Quoren auf ein realistisches Maß gesenkt werden. Wir schlagen 100.000 Unterschriften beim Volksbegehren vor, und diese Unterschriften sollten dann auch frei auf der Straße gesammelt werden dürfen." Bisher müssen sich zehn Prozent der Wahlberechtigten, also rund 240.00 Bürger, eintragen, damit ein Volksbegehren erfolgreich ist und ein Volksentscheid stattfinden kann. Die Eintragung darf nur in Amtsstuben erfolgen.

 

Die Verhandlungen der vier Parteien will Mehr Demokratie wie schon bei der Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auf Bezirksebene von Anfang an begleiten - und dabei notfalls auch Druck machen: "Wenn die Reform der Volksgesetzgebung noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll, müssen wir jetzt Gas geben." Für die beabsichtigte Änderung der Landesverfassung ist neben der Zweidrittelmehrheit im Abgeordnetenhaus, über die SPD, PDS, Grüne und FDP verfügen, auch eine Volksabstimmung erforderlich. "Die könnte im Herbst 2006 zeitgleich mit den Berliner Wahlen stattfinden", schlug Efler vor.

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