[33/08] Innenbehörde: Kita-Volksbegehren greift in Budgethoheit des Parlaments ein
Der Verein Mehr Demokratie kritisiert das Vorhaben des Berliner Senats, das vom Landeselternausschuss Berliner Kindertagesstätten (LEAK) initiierte Kita-Volksbegehren auf Grund seiner Eingriffe in die Budgethoheit des Parlaments vollständig abzulehnen.
"Mit der Verfassungsänderung 2006 wurden haushaltsrelevante Volksbegehren zugelassen", so Anne Krenzer, Pressesprecherin des Vereins Mehr Demokratie. "Dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger schon beim ersten finanzwirksamen Volksbegehren wieder eingeschränkt werden sollen, ist ein schlechtes Signal für die direkte Demokratie in Berlin."
Die Zulässigkeit haushaltsrelevanter Volksbegehren in Berlin war 2006 ausgeweitet worden, wobei sich der Gesetzgeber an der Sächsischen Landesverfassung orientiert hatte. Volksbegehren, die Auswirkungen "auf den Landeshaushalt" haben, sind seitdem in Berlin grundsätzlich zulässig. Lediglich "zum Landeshaushaltsgesetz" darf sich das Volk nicht äußern.
Die Umsetzung des Volksbegehrens, für das rund 66.200 Berliner unterschrieben hatten, würde nach Schätzungen des LEAK knapp 96 Millionen Euro kosten - die Mehrbelastung für den Landeshaushalt läge damit bei ca. 0,48 Prozent pro Jahr. Die Senatsverwaltung bezieht sich bei der Ablehnung des Antrags auf Volksbegehren auf die sogenannten "verfassungsrechtliche Erheblichkeitsschwelle". Wann diese Schwelle überschritten ist und ein Volksbegehren zu stark ins Budgetrecht des Parlaments eingreift, wird je nach Einzelfall entschieden und wurde von den einzelnen Landesverfassungsgerichten sowie vom Bundesverfassungsgericht sehr unterschiedlich beurteilt.
Dass das Kita-Volksbegehren abgelehnt wird, hatte Mehr Demokratie nicht erwartet, zumal die Innenbehörde bei einer ersten Prüfung Ende Juli keine haushaltsrechtlichen Bedenken geäußert hatte. Der LEAK will nun das Berliner Verfassungsgericht anrufen, das Klarheit über die Höhe der Erheblichkeitsschwelle schaffen soll. "Für die direkte Demokratie in Berlin würde die Gerichtsentscheidung zum Kita-Volksbegehren zum Präzedenzfall werden", so Krenzer.
Die Befürchtung, dass weitere finanzrelevante Volksbegehren auf Berlin zukommen könnten, sieht der Verein als schwaches Argument für eine Ablehnung. "Die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide sind noch immer zu hoch als dass jede x-beliebige Lobbygruppe ihre Wünsche durchsetzen könnte", sagt Krenzer. "Wenn sich für ein Anliegen aber ausreichend Unterstützer finden, sollte es selbstverständlich sein, die Bürger darüber mitentscheiden zu lassen, wofür Steuergelder ausgegeben werden."