Erneut zeichnet sich in Berlin eine Diskussion über schärfere Regeln bei der Unterschriftensammlung für Volks- und Bürgerbegehren ab – ein entsprechender Vorschlag aus dem Rat der Bürgermeister liegt bereits vor. „Die jetzt diskutierte Verschärfung der Regeln würde dazu führen, dass eine Unterschrift schon bei der kleinsten Abweichung ungültig wäre“, sagt Oliver Wiedmann, Vorstandssprecher des Mehr Demokratie-Landesverbands Berlin-Brandenburg.
Gestrichen werden soll ausgerechnet der Zusatz im Abstimmungsgesetz, der festlegt, dass eine Unterschrift dann als gültig gewertet werden darf, wenn die unterschreibende Person zweifelsfrei erkennbar ist. Das gilt auch, wenn einzelne Angaben fehlerhaft, unvollständig oder unleserlich sind. Zurzeit enthält das Abstimmungsgesetz widersprüchliche Aussagen zur Gültigkeit von Unterschriften, was in der Vergangenheit zu unterschiedlicher Prüfungspraxis der Bezirksämter geführt hat. „Eine Klärung und Vereinheitlichung macht sicherlich Sinn. Aber auch nach einer Reform sollte den Verantwortlichen bei der Unterschriftenprüfung genügend gesetzlicher Spielraum bleiben, um eine Unterschrift für gültig zu erklären“, meint Wiedmann. Ein Zahlendreher bei der Hausnummer oder ein unleserlicher Vorname könnte ansonsten schon dazu führen, dass eine Unterschrift ungültig ist – obwohl die Person durch die restlichen Angaben zweifelsfrei zu identifizieren ist. „Bei der Prüfung muss auch berücksichtigt werden, dass auf der Straße bei Wind und Wetter unterschrieben wird“, sagt Wiedmann. „Eine gewisse Fehlertoleranz ist also angemessen.“
Mehr Demokratie schlägt vor, dass sowohl das Geburtsdatum als auch die Unterschrift zwingend vorhanden sein sollen. Somit wäre gewährleistet, dass Unterstützer nicht aus dem Telefonbuch abgeschrieben werden. Ohnehin gäbe es keinen Grund, die bisherige Praxis in Zweifel zu ziehen oder Manipulationen zu unterstellen. Ein entsprechender Verdacht, den einige Bezirksämter im Zusammenhang mit der Unterschriftenprüfung für das Volksbegehren zum Tempelhofer Feld geäußert hatten, war unbegründet, wie auch Innensenator Henkel in einer Antwort zu einer schriftlichen Anfrage einräumen musste.
„Insgesamt gewinnt man gerade den Eindruck, dass der Senat alles daransetzt, Bürger- und Volksbegehren einzuschränken und wirkungsloser zu machen“, meint Wiedmann. „Wenn nicht nur Bürgerbegehren ausgehebelt, sondern auch die Sammelbedingungen erschwert werden, während eine erfolgversprechende Unterschriftensammlung läuft, liegt die versprochene Bürgernähe in weiter Ferne.“ Am Wochenende (11. April) wurde mit dem „Berliner Mietenvolksentscheid“ das 34. direktdemokratische Verfahren auf Landesebene gestartet und innerhalb eines Tages einige Tausend Unterstützerunterschriften gesammelt.