Senat rudert bei Bürgerentscheiden zurück

Bei der Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden will der Berliner Senat offenbar nicht ganz soviel Demokratie wagen, wie SPD, PDS, Grüne und FDP in ihrem gemeinsamen Gesetzentwurf vorgeschlagen haben. Das geht aus einer von der Senatsverwaltung für Inneres erarbeiteten Stellungnahme hervor, die Mehr Demokratie vorliegt. Aus Sicht der Bürgeraktion enthält das Papier, mit dem sich nun der Rat der Bürgermeister befasst, zwar einige technische Verbesserungen. Gerade in wesentlichen Fragen wie dem Themenausschluss, der Schutzwirkung und dem Quorum beim Bürgerentscheid werde das Gesetz aber verwässert. Michael Efler vom Mehr Demokratie-Landesvorstand fordert das Abgeordnetenhaus auf, den Gesetzentwurf iin den entscheidenden Fragen nicht wieder aufzuschnüren.

 

"Der Senat will den Anwendungsbereich von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden erheblich einschränken und unter anderem den gesamten Bereich der Bauleitplanung dem Zugriff der Bürger entziehen", kommentierte Efler. "Damit wäre der Gesetzentwurf nur noch eine Mogelpackung." Gerade die Bauleitplanung gehöre zum Kernbestand der kommunalen Direktdemokratie. In Bayern etwa befasse sich jedes vierte Bürgerbegehren mit Fragen aus diesem Bereich. Der im Februar von den vier Fraktionen im Abgeordnetenhaus eingebrachte Entwurf erlaubt Bürgerbegehren hingegen in allen Fragen, zu denen auch die Bezirksverordnetenversammlung Beschlüsse fassen kann. "Dabei sollte es auch bleiben", fordert Efler.

 

Eine weitere Einschränkung sieht die Stellungnahme bei der so genannten Schutzwirkung vor. Danach ist es den Bezirksorganen untersagt, vor Abschluss eines Verfahrens vollendete Tatsachen zu schaffen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Schutzwirkung eintritt, sobald die Hälfte der für ein Bürgerbegehren notwendigen Unterschriften eingereicht ist. Geht es nach dem Senat, soll sie erst dann eintreten, wenn das Begehren zustande gekommen ist und für zulässig erklärt wurde. Zu spät, findet Efler: "Die Praxis zeigt, dass die Schutzwirkung gerade dann wichtig ist, wenn das Verfahren noch nicht abgeschlossen und die öffentliche Aufmerksamkeit noch gering ist."

 

Auch die beim Bürgerentscheid vorgeschriebene Mindestbeteiligung von 15 Prozent der Wahlberechtigten bewertet der Senat als zu niedrig. Stattdessen soll eine Vorlage nur dann angenommen sein, wenn ihr mindestens 10 Prozent der Wahlberechtigten zugestimmt haben. "Hohe Quoren führen nicht automatisch zu einer höheren Beteiligung, sie erhöhen eher die Frustration der Bürger, wenn zu viele Abstimmungen scheitern", so Efler. Gerade angesichts der Größe der Berliner Bezirke müsse man zudem davon ausgehen, dass viele Abstimmungen nur einzelne Kieze beträfen. Er plädiert daher für realistische Annahmen über die zu erwartende Beteiligung.

 

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Eine ausführliche Kritik der Stellungnahme des Senats lassen wir Ihnen auf Anfrage gerne zukommen.

 

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