Unterschriftenprüfung bei Volksbegehren darf nicht verschärft werden

[12/14] Grüne bringen heute Reformen der direkten Demokratie ins Abgeordnetenhaus ein

Mehr Demokratie begrüßt die Initiative der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, die heute einen Antrag zur Änderung des Abstimmungsgesetzes in das Abgeordnetenhaus einbringt. Der Antrag sieht unter anderem eine Zusammenlegung von Abstimmungen mit Wahlterminen vor, sofern diese innerhalb von acht Monaten nach einem erfolgreichen Volksbegehren stattfinden und die Zusammenlegung von der Initiative gewünscht wird. Wichtige Punkte sind außerdem ein Anhörungsrecht für die Vertrauenspersonen eines Volksbegehrens nach der ersten Stufe (Volksbegehrensantrag), eine Kostenerstattung  nach dem Volksbegehren und dem Volksentscheid sowie ein fakultatives Referendum für den Fall, dass das Abgeordnetenhaus ein im Volksentscheid beschlossenes Gesetz wieder ändert oder aufhebt. Innerhalb von drei Monaten könnten 2,5 Prozent der Stimmberechtigten einen erneuten Volksentscheid über die geplante Änderung oder Aufhebung verlangen. Dies würde den Bestandsschutz für Volksentscheide erhöhen.

„Der Antrag der Grünen ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Lehre aus den letzten beiden Volksentscheiden sollte nun sein, die Beteiligungsrechte zu stärken und nicht einzuschränken, so wie es zurzeit in den Bezirken diskutiert wird“, fordert Oliver Wiedmann, Sprecher des Berliner Landesverbands von Mehr Demokratie. Der Rat der Bürgermeister, dem neben den Bezirksbürgermeistern auch Klaus Wowereit sowie seine Stellvertreter Michael Müller und Frank Henkel angehören, diskutiert zurzeit einen Vorschlag zur Verschärfung der Prüfungspraxis der Unterschriften bei Volksbegehren und Bürgerbegehren. „Gestrichen werden soll ein Zusatz, der den Sachbearbeitern einen notwendigen Spielraum bei der Prüfung der Unterschriftenlisten lässt“, erläutert Wiedmann. Zurzeit enthält das Abstimmungsgesetz widersprüchliche Aussagen zur Gültigkeit von Unterschriften, was in der Vergangenheit zu unterschiedlicher Prüfungspraxis der Bezirksämter geführt hat. Unklar ist, ob unvollständige, unleserliche oder fehlerhafte Angaben zur Ungültigkeit führen, sofern die unterschreibende Person trotzdem zweifelsfrei erkennbar ist. „Widersprüchliche Aussagen im Gesetz sollten natürlich behoben werden, jedoch sollte der bestehende Spielraum bei der Prüfung bestehen bleiben. Ein Zahlendreher bei der Hausnummer oder ein unleserlicher Vorname könnte ansonsten schon dazu führen, dass eine Unterschrift ungültig ist – obwohl die Person durch die restlichen Angaben zweifelsfrei zu identifizieren ist.“ Eine solch starre Regelung sei nicht hinnehmbar, denn bei der Prüfungspraxis müsse auch berücksichtigt werden, dass auf der Straße bei Wind und Wetter unterschrieben werde und es dementsprechend eine gewisse Fehlertoleranz brauche.

Begonnen hatte die Diskussion um die Prüfungspraxis nach dem erfolgreichen Volksbegehren zum Tempelhofer Feld. Von verschiedenen Seiten wurden Zweifel an der Echtheit einiger Unterschriften geäußert. „Diese Vorwürfe sind jedoch nicht haltbar, selbst Innensenator Henkel hat in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage eingeräumt, dass keine Anhaltspunkte für Manipulationsversuche vorliegen. Daraus jetzt den Schluss zu ziehen, die Prüfungspraxis müsse verschärft werden, entbehrt jeglicher Grundlage und ist ein Rückschritt für die direkte Demokratie in Berlin“, so Wiedmann abschließend.

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