Vom Nachzügler zum Spitzenreiter

Berlin, bisher bundesweites Schlusslicht in Sachen Bürgerbeteiligung, entwickelt sich zum Musterknaben. Als letztes Bundesland führt die Hauptstadt Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in den Bezirken ein. SPD, PDS, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben sich auf Initiative von Mehr Demokratie e.V. hin auf einen entsprechenden Gesetzentwurf geeinigt, den der Verein gemeinsam mit Vertretern der vier Fraktionen am heutigen Freitag im Abgeordnetenhaus vorstellte. Die weitreichenden Regelungen halten dem Vergleich mit Hamburg, Vorbild bei der direkten Demokratie, durchaus stand.

 

"Manchmal sind die Letzten eben doch die Ersten", kommentierte Michael Efler, Mitglied im Landesvorstand des Vereins. "Berlin hat lange gebraucht, um mit den anderen Bundesländern gleichzuziehen. Dafür bekommt die Stadt nun die fairsten Bürgerentscheide in ganz Deutschland. Nur in Hamburg und Bayern gibt es Vergleichbares."

 

Immerhin drei Jahre dauerte es, bis das Reformwerk stand. Jetzt soll das Gesetz zügig im Abgeordnetenhaus beraten werden. Schon Mitte April soll die Reform stehen. Mit dem Ergebnis sei er aber fast durchweg zufrieden, sagte Efler. Nur die beim Bürgerentscheid vorgeschriebene Mindestbeteiligung von 15 Prozent der Wahlberechtigten sei ein Wehrmutstropfen. "Das ist keine geringe Hürde, wenn es um ein Thema geht, das nicht den ganzen Bezirk sondern vielleicht nur einen Kiez betrifft."

 

Die Eckpunkte der Reform: In allen Fragen, zu denen die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Beschlüsse fassen kann, sind in Zukunft Bürgerbegehren möglich. Wird ein Begehren innerhalb von sechs Monaten von drei Prozent der Wahlberechtigten des Bezirks unterstützt, muss sich die BVV mit dem Anliegen befassen. Stimmt sie ihm nicht unverändert zu, erfolgt ein Bürgerentscheid, wobei die BVV einen eigenen Vorschlag mit zur Abstimmung stellen kann. Eine Vorlage ist angenommen, wenn sich mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigten am Bürgerentscheid beteiligen und die Mehrheit mit Ja stimmt. Für die Information der Bürger sind Informationshefte vorgesehen, in denen die Initiatoren des Begehrens und die BVV ihre Argumente darlegen können.

 

Im Volksentscheid-Ranking, einem Vergleich der Mitbestimmungsmöglichkeiten in den Ländern, den Mehr Demokratie 2003 erstmals veröffentlicht hatte, macht Berlin nun einen Riesensprung nach vorn. Bislang abgeschlagen auf dem letzten Platz, wird die Hauptsstadt bei der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene auf einem der ersten drei Plätze landen. "Damit Berlin auch in der Gesamtwertung ganz nach vorne kommt, braucht es aber noch bei Volksbegehren und Volksentscheid auf Landesebene noch Verbesserungen", regte Efler an.

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