A100: Vor Gericht oder vor das Volk?

Am Leipziger Bundesverwaltungsgericht wird derzeitig der umstrittene Ausbau der A100 verhandelt. Sowohl Anwohner als auch der BUND klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss.  Der Ausbau der A100 führte 2011 zum Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen und schließlich zur großen Koalition. Während Berlin nur für die Planungskosten aufkommen muss, würde der Bund die hauptsächlichen Kosten von knapp 500 Millionen Euro tragen.

Die Auseinandersetzungen vor Gericht zeigen wieder einmal, dass Gerichtsverfahren, obwohl einzelne Kläger bereits einen Teilerfolg verbuchen konnten, keine politisch legitimierten Entscheidungen ersetzen können. Unabhängig davon, inwieweit bei der Planfeststellung nachgebessert werden muss, bleibt unklar, ob eine Mehrheit in der Bevölkerung eigentlich für oder gegen dieses Projekt ist. Die Wahlergebnisse jedenfalls bringen hier keine Klarheit. Hätten SPD und Grüne sich bei den Koalitionsverhandlungen geeinigt und von der Verlängerung der Autobahn abgesehen, hätte man sicherlich behauptet, das Wahlergebnis würde diese Entscheidung rechtfertigen. Ähnliches behauptet die große Koalition auch, obwohl sie den Ausbau der A100 vorantreibt. Es zeigt, dass von Wahlergebnissen oder dem Ausgang von Koalitionsverhandlungen niemals auf die Zustimmung der Bevölkerung zu einzelnen Projekten geschlossen werden kann. Auch nicht Umfragen sondern erst eine Volksabstimmung würde hier Licht ins Dunkel bringen.

Will man über Autobahnen direkt abstimmen lassen, so ist gar nicht klar, auf welcher Ebene das geschehen soll. Formal ist der Bund zuständig, jedoch sind auf der Bundesebene Volksentscheide bisher ausgeschlossen. Und es fragt sich auch, ob die Bundesebene sachlich die richtige Ebene ist, denn die Verlängerung der A100 wird einen Teil der Berliner Bevölkerung aber so gut wie niemanden in Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg interessieren.

Ähnlich sieht es auf der politischen Ebene aus. Bei der bundesweiten Ermittlung des Bedarfs der Bundesfernstraßen melden die Länder ihre Wünsche beim Bundesverkehrsminister an. Hätte das Land Berlin sich nicht für den Autobahnausbau beim Bund eingesetzt, wäre das Projekt nie in den vordringlichen Bedarf im Bundesverkehrswegeplan gekommen. Also ist die Landesebene doch der richtige Ort der Entscheidung. Auch wenn hier ein Volksentscheid keine rechtliche Bindungswirkung hätte, könnte eine Landesregierung sich kaum darüber hinwegsetzen ohne Schaden zu nehmen.

Ein Volksentscheid auf Landesebene würde aber wiederum andere Probleme mit sich bringen, denn es gilt fast in allen Bundesländern ein Zustimmungsquorum. Ein Viertel aller Wahlberechtigten müsste in Berlin einer Vorlage zustimmen. Das wird vor allem dann zum Problem, wenn von dem Abstimmungsgegenstand nur eine Minderheit betroffen und somit daran interessiert ist. Deshalb braucht es faire Unterschriftenhürden und Abstimmungen ohne Quoren.