Berliner Volksentscheid scheitert knapp am Zustimmungsquorum

[22/13] Mehrheit der Abstimmenden für Rekommunalisierung der Energieversorgung – Abschaffung von Zustimmungsquorum gefordert – Mehr Demokratie startet Aufruf an das Abgeordnetenhaus

Der Volksentscheid „Neue Energie für Berlin“, in dem die Bürgerinnen und Bürger gestern über die Rekommunalisierung der Energieversorgung in Berlin abstimmen konnten, ist knapp am Zustimmungsquorum gescheitet. 24,1 Prozent der Stimmberechtigten (599.565 absolut) stimmten mit „Ja“. Das Quorum in Berlin beträgt 25 Prozent, das heißt für die Annahme des Gesetzesvorschlags wären 620.939 Ja-Stimmen nötig gewesen. Von den Teilnehmenden stimmte eine Mehrheit von 83 Prozent für die Vorlage. Nach dem Volksentscheid über den Erhalt des Flughafens Tempelhof im Jahr 2008 ist dies damit die zweite Initiative, die nicht an der Ablehnung der Bevölkerung, sondern am Quorum scheitert.

„Die Strategie der Berliner Regierung, die Beteiligung durch eine Abkopplung des Abstimmungstermins von der Bundestagswahl im September möglichst gering zu halten, ist damit leider voll aufgegangen“, sagt Helena Stange vom Landesvorstand Mehr Demokratie Berlin/Brandenburg. Das Problem sei, dass in Berlin allein der Senat die Hoheit über die Terminfindung für Volksentscheide habe. „Wünschenswert wäre eine gesetzlich geregelte Kopplung von Abstimmungsterminen mit anstehenden Wahlen zum Abgeordnetenhaus, Bundestags- oder Europawahlen“, so Stange weiter. „Sollte es beispielsweise die den Senatsplänen widersprechende Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ ebenfalls zum Volksentscheid schaffen, besteht die Gefahr, dass auch dort wieder dieselbe Termintrickserei droht.“  Was diese Strategie allerdings erst möglich mache, sei das viel zu hohe Zustimmungsquorum. „Aus diesem Grund fordert Mehr Demokratie die komplette Abschaffung des Zustimmungsquorums bei Volksentscheiden. Wie bei Wahlen auch sollte die Mehrheit der abgegebenen Stimmen über Erfolg oder Misserfolg einer Vorlage entscheiden.“ Mit faireren Regelungen für die Durchführung von Volksentscheiden könne politischem Foulspiel vorgebeugt werden.

Mehr Demokratie kritisiert außerdem scharf das Vorgehen der Koalition in Bezug auf ihren eigenen Gesetzentwurf zur Gründung eines Stadtwerks. „Statt den Gegenentwurf mit zur Abstimmung zu stellen und so echten politischen Dialog zu fördern, wurde er als Abfanggesetz wenige Tage vor dem Volksentscheid durch das Abgeordnetenhaus gepeitscht. Der Bevölkerung wurde suggeriert, dass mit diesem Gesetzentwurf der Volksentscheid hinfällig sei“, erläutert Stange. Dieses Vorgehen habe einmal mehr gezeigt, dass der Wille, der Bevölkerung ernsthafte Mitbestimmungsrechte zu ermöglichen, offenbar nur bei politisch erwünschten Richtungen vorhanden sei. „Direkte Demokratie soll keine Gefährdung für die repräsentative Demokratie darstellen, sondern eine sinnvolle und hilfreiche Ergänzung. Es geht nicht um Konkurrenz sondern um gesamtgesellschaftlichen Dialog  – das hat der Berliner Senat offenbar noch nicht begriffen.“

Mehr Demokratie hat anlässlich des am Quorum gescheiterten Volksentscheides einen Aufruf zur Abschaffung des Zustimmungsquorums und zur Zusammenlegung von Abstimmungen mit Wahlen gestartet:
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Wegen der politischen Praxis im Zusammenhang mit dem Energietisch-Volksentscheid ist Berlin im aktuellen Mehr Demokratie Volksentscheids-Ranking von Platz zwei auf Platz sechs abgerutscht.

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