Volksentscheids-Ranking 2010: Hamburg verdrängt Berlin von Platz 1

[29/10] Berlin hat die Position des Spitzenreiters im Volksentscheids-Ranking eingebüßt. Dies ergab die Neuauflage des Rankings 2010, das die gesetzlichen Regelungen der Bundesländer für Bürgerbegehren (kommunale Ebene) und Volksbegehren (Landesebene) vergleicht. „Berlin musste die Position des Spitzenreiters im Vergleich zum vorherigen Ranking im Jahr 2007 leider an Hamburg abgeben. Trotz einiger Reformen bei der direkten Demokratie auf Landesebene wurde die Hauptstadt von den Hanseaten überholt“, sagt Michael Efler, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie.

 

Berlin konnte für seine Gesetze bei Bürgerbegehren ein „sehr gut“ erreichen, für die Regelungen bei Volksbegehren jedoch nur die Note 3. „Die direkte Demokratie auf Landesebene ist die Schwachstelle Berlins. Es gab zwar schon zwei Volksentscheide (Flughafen Tempelhof und Pro Reli). Keiner von ihnen konnte aber das hohe Abstimmungsquorum überwinden. An dieser Stelle sind Reformen unbedingt notwendig. Die hohen Hürden erschweren politische Mitbestimmung und strafen gerade jene Menschen ab, die sich demokratisch beteiligen wollen. Das ist Gift für die Demokratie“, so Efler. Für die Gültigkeit eines Volksentscheids müssen in Berlin bei einfachen Gesetzen 25 Prozent der Stimmberechtigten zustimmen. Für eine Verfassungsänderung ist sogar das „Ja“ von 50 Prozent der Stimmberechtigten und von zwei Dritteln der Abstimmenden nötig.

 

Auch auf kommunaler Ebene sei trotz der guten Bewertung eine Stärkung der Beteiligungsrechte unabdingbar. „Von den rund 30 Bürgerbegehren in Berlin, waren nur wenige in vollem Umfang verbindlich. Die Bürgerinnen und Bürger sind in den meisten Fällen abhängig vom Wohlwollen des Bezirksamtes, obwohl die Landesverfassung die Gleichrangigkeit von Bürgerentscheiden und Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung vorschreibt. Zudem ist es für interessierte Bürger eine demotivierende Erfahrung, wenn sie nach erfolgreichem Bürgerbegehren oder Bürgerentscheid immer noch als Bittsteller dastehen“, so Efler. Mehr Demokratie hatte den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses am 20. September in einem Aufruf dazu aufgefordert, Bürgerentscheide in Berlin verbindlicher zu machen. Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus unterstützt diesen Vorschlag und verhandelt derzeit mit der SPD darüber.

 

„Unterm Strich schneidet Berlin mit dem zweiten Platz im Vergleich zu anderen Bundesländern zwar relativ gut ab. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade an den Quoren bei Volksbegehren und Volksentscheiden und an der Unverbindlichkeit von Bürgerentscheiden viel Beteiligungs-Wille scheitert. In der kommenden Wahlperiode sollte deshalb eine Verfassungsänderung zur Reform der direkten Demokratie auf Landesebene angestrebt werden“, sagt Efler.

 

In Berlin gab es auf Landesebene bisher 19 Anträge auf Volksbegehren (erste Stufe des Verfahrens), fünf Volksbegehren (zweite Stufe) und zwei Volksentscheide (dritte Stufe).

Auf kommunaler Ebene kann die Bundeshauptstadt rund 30 Bürgerbegehren und acht Bürgerentscheide verzeichnen.

 

Die Bewertung der Bundesländer in der Übersicht: www.mehr-demokratie.de/ranking.html

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