Bürgerbegehrensbericht Brandenburg: Hürden müssen abgebaut werden

[09/12] Fachverband startet Aufruf für mehr Demokratie in Brandenburgs Kommunen

Die kommunale Direktdemokratie in Brandenburg ist reformbedürftig. Zu diesem Ergebnis kommt der Verein Mehr Demokratie in seinem aktuellen Bürgerbegehrensbericht. „In einer brandenburgischen Gemeinde findet im bundesweiten Vergleich nur selten ein aus der Bevölkerung heraus initiiertes Bürgerbegehren statt“, sagt Mehr Demokratie Vorstandssprecher Michael Efler, der heute (10. Mai) den Fachverband in der Innenausschuss-Anhörung zur brandenburgischen Kommunalverfassung vertritt. „Bürgerbegehren und -entscheide müssen anwenderfreundlicher gestaltet werden, damit sie zum Abbau der Politikverdrossenheit beitragen können.“

Von der Einführung der direkten Demokratie auf der Kommunalebene 1993 bis 2011 gab es in Brandenburg 214 direktdemokratische Verfahren. 103 davon wurden von Bürger initiiert. In 35 Fällen wurde per Bürgerentscheid abgestimmt. In ganz Brandenburg finden nach den von Mehr Demokratie erstellten Statistiken durchschnittlich elf direktdemokratische Verfahren und sieben Abstimmungen pro Jahr statt. „Diese Zahl klingt zunächst erfreulich hoch“, sagt Michael Efler. „Man muss allerdings berücksichtigen, dass sehr viele Verfahren zwischen 2000 und 2002 im Zuge der Gebietsreform stattfanden und von oben angesetzte Ratsreferenden waren.“

Betrachtet man nur die von Bürgerinnen und Bürgern angestoßenen Verfahren, findet pro Gemeinde durchschnittlich alle 37,5 Jahre (bezogen auf Bürgerbegehren sogar nur alle 77 Jahre) ein Bürgerbegehren statt. Dabei gilt: Je kleiner die Gemeinde, desto unwahrscheinlicher werden Bürgerbegehren. Im bundesweiten Vergleich schneidet Brandenburg eher schlecht ab: So kommt es etwa in Berlin pro Bezirk alle 2,2 Jahre zu einem direktdemokratischen Verfahren, in bayrischen Gemeinden alle 17,9 Jahre. Fast 36 Prozent aller Bürgerbegehren (37 von 103) wurden für unzulässig erklärt. Fallstricke sind zum Beispiel der zwingend vorgeschriebene Kostendeckungsvorschlag oder Formulierungsfehler. Rund 14 Prozent aller 35 Bürgerentscheide scheiterten „unecht“: Die Mehrheit der Abstimmenden war zwar für den Vorschlag der Initiative, aber das Zustimmungsquorum von 25 Prozent konnte nicht übersprungen werden.

Vor diesem Hintergrund fordert Mehr Demokratie, Bürgerbegehren und -entscheide in Brandenburg zu reformieren: „Wichtig wäre zum Beispiel, dass Initiativen ein Recht auf Beratung bekommen und die Kostenschätzung von den Ämtern und nicht von den Bürgern vorgelegt werden muss“, sagt Efler. Zudem sollte das Unterschriftenquorum von 10 Prozent aller Wahlberechtigten auf 5 Prozent gesenkt werden und das Zustimmungsquorum beim Bürgerentscheid wegfallen.

Darüber hinaus hat der Verein einen Aufruf für mehr Demokratie in Brandenburgs Kommunen gestartet. „Wir fordern, Bürgerbegehren zu Bauprojekten zuzulassen und bei Gemeindefusionen zwingend Bürgerentscheide abzuhalten“, erklärt Efler. Aber auch bei der repräsentativen Demokratie besteht nach Ansicht des Fachverbands Reformbedarf: In manchen Kommunalvertretungen gilt eine Mindestanzahl von vier Sitzen, um Fraktionsstatus zu erlangen und damit in den Genuss der vollen parlamentarischen Rechte zu kommen. „Mit dieser Regelung werden kleine und vor allem neue Parteien und Gruppierungen, die mitunter frischen Wind in die Kommunalparlamente bringen, benachteiligt“, sagt Efler. „Deshalb sollte die Mindestfraktionsstärke auf zwei Sitze begrenzt werden.“

Bürgerbegehrensbericht und Aufruf: <link http: bb.mehr-demokratie.de aufruf-kommunalverfassung.html>

bb.mehr-demokratie.de/aufruf-kommunalverfassung.html

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